Den Krieg nicht mitfinanzieren
Keinen Cent für Rüstung und Militär!
On-line gesetzt am 10. Juli 2014

In den fünfziger Jahren gab es in Deutschland wenig Erfahrungen mit der Praxis gewaltfreier Aktion, die bekannten Beispiele aus der indischen Befreiungsbewegung um Gandhi schienen nicht zur Nachahmung geeignet, ihre Anpassung auf deutsche Verhältnisse im Klima des Kalten Krieges waren eine schwierige Aufgabe.
Die Friedensrundschau (Von 1947-1966 für die IdK und zeitweise auch für den Internationalen Versöhnungsbund herausgegeben, erwähnte regelmäßig aktuelle Beispiele von Aktionen aus dem Ausland. Theodor Michaltscheff veröffentlichte ca.1952 eine Broschüre mit dem Titel „Der gewaltlose Kampf und seine Mittel“

Dass die dort erwähnten Methoden in Deutschland keineswegs selbstverständlich waren, zeigt ein Beispiel, aus der Korrespondenz von Michaltscheff mit einem Pazifisten aus Neuenbürg (Württemberg) Willi Huber schreibt am 20.9.1953 an :

„... Den Prinzipien der IdK stimme ich grundsätzlich zu, kann aber im Augenblick die Satzung nicht unterschriftlich als verbindlich für mich erklären.
Sie fordern ja auch die indirekte Enthaltung von allen Maßnahmen, die den Krieg und dessen Vorbereitung unterstützen könnten. Nun glaube ich aber, diese Voraussetzung nicht zu erfüllen, solange ich noch mein tägliches Brot in meiner Eigenschaft als „Steuerinspektor“ verdienen muß.
Da ich schon lange bestrebt bin, dieser Umgebung zu entrinnen,.hoffe ich doch einmal das Ziel zu erreichen...“

Interessanterweise erwidert Michaltscheff etwas unsicher:
„...Die Bedenken, die Sie gegen Ihren Beitritt haben, sind grundsätzlich ganz in Ordnung. Ob sie jedoch genau auf Ihren Fall zutreffen, kann ich nicht beurteilen, da ich nicht weiß, worin Ihre Aufgabe als Steuerinspektor besteht. Als Außenstehender hätte ich gedacht, daß Ihre Tätigkeit nicht im Gegensatz zu den Grundsätzen der IdK steht...“
Die Sache läieß Willi Huber keine Ruhe, anderthalb Jahre später am 7. 2.1955 kommt er noch einmal darauf zurück:“... Sie anerkennen zwar meine Bedenken grundsätzlich, vermögen aber nicht zu beurteilen, worin die Aufgabe eines Steuerinspektors besteht.“

Dies läßt sich nun schon so präzisieren, daß man sagen muß, jeder Angehörige der Finanzverwaltung beteiligt sich an der Beschaffung der Mittel für die Bereitstellung von Kriegsgerät. Schon deshalb, weil der überwiegende Teil der Bundesmittel - direkt oder indirekt-f ür solche Zwecke zur Verfügung gehalten wird. Bei meiner täglichen Arbeit muß ich mir vorsuggerieren, daß vielleicht die von mir festgesetzten und beigeholten Steuern und Abgaben für soziale Zwecke Verwendung finden werden. Aber es bleibt eben eine Suggestion ...

Auch in Deutschland wäre nun der „Steuerstreik“ als eine von der IdK propagierte Selbsthilfe akut. Über die Möglichkeiten und das Vorgehen in dieser Hinsicht habe ich jedoch noch keine Ausführungen in der „Friedensrundschau“ gefunden, die zudem auf deutsche Verhältnisse zugeschnitten sein müßten. Der Großteil Ihrer Mitglieder gehört vermutlich dem Stand der „Arbeitnehmer“ an Und hier liegt der Haken (Lohnsteuerabzug!)“

Das kann Michaltscheff nur mit Bedauern bestätigen: „ Als Steuerinspektor sind Sie ganz bestimmt ein wichtiges Rad in der Maschinerie des Staates und tragen entscheidend dazu bei, dem Staat bei der Finanzierung seiner Geschäfte zu helfen. Wenn es zum Krieg kommt, vergießen Sie zwar kein Blut, das entbindet Sie aber nicht von der persönlichen Schuld am Kriegsgeschehen. Das gilt im übrigen für jeden, der direkt oder indirekt dem Kriegsstaat hilft....

Ein Steuerstreik läßt sich in Deutschland schon deshalb schon schwer durchführen, weil allen Arbeitnehmern die Steuern gleich vom Lohn abgezogen werden. Streiken können daher nur solche Personen, die einen freien Beruf ausüben, und die selbständigen Unternehmer. In der Friedensrundschau haben wir bis jetzt nur über die Erfahrungen in Amerika berichtet, weil bis jetzt nur da die Steuerverweigerer praktisch aufgetreten sind...“

Zitate aus Ordner Nr.36 (Hi-Hz) im Bestand IDK/Michaltscheff (Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg)

Zur weiteren Information über die Steuerverweigerungsbewegung heute:

http://www.netzwerk-friedenssteuer.de/index.php/wir-ueber-uns/kriegssteuerverweigerung

Siehe auch

Die Geschichte der gewaltfreien Bewegungen in Deutschland muss noch geschrieben werden