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Résistance non-violente
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Vorbilder für die gewaltfreie Bewegung im Nachkriegs-Deutschland
Friedliche Rebellen in der Wüste Nevadas
Ziviler Ungehorsam gegen Atomtests
Article mis en ligne le 12 décembre 2013
dernière modification le 18 octobre 2023

Als die elfte Atombombe der gegenwärtigen amerikanischen Versuchsreihe am 6. August (1957), dem Jahrestag von Hiroshima, auf dem Gelände von Nevada (1) explodierte, ließ der Blitz auch eine betende Gruppe von 30 Männern und Frauen aus der Dunkelheit der Nacht hervortreten. Elf von ihnen hatten am Tag zuvor versucht, in das Versuchsgelände einzudringen, um eine friedliche Protestdemonstration durchzuführen. Sie wurden jedoch daran gehindert.

Einer der Teilnehmer, Jim Peck (2) .schildert einem Korrespondenten des Pressedienstes der Internationale der Kriegsdienst gegner (IdK) dem wir den Bericht entnehmen,dieses einzigartige Erlebnis

Bei Morgengrauen hielten unseres Autos und Lastkraftwagen mit 30 Männern und Frauen vor dem Eingang des „Camp Mercury“, und wir machten uns sofort daran, ein Sonnenzelt für unser Lager aufzurichten, wo wir 24 Stunden lang beten und wachen sollten. Die Temperatur über der Wüste von Nevada betrug 150Grad Fahrenheit (40 Grad Celsius).

Sobald das Sonnenzelt, das aus ein am Boden befestigten Fallschirm bestand, aufgerichtet war, stellten wir drei große Schilder auf, die jeder lesen konnte, der das Versuchsgelände betreten wollte. Auf dem einen stand „Gewaltlose Aktion gegen nukleare Waffen“,darunter die Namen der Organisationen,welche die Aktion durchführten. Auf dem zweiten : „Wollen Sie für Frieden ohne Furcht eintreten ?“ und auf dem dritten : „wir wollen kein neues Hiroshima“.

Nach zweistündiger Wachandacht (3) beschlossen wir, unsere sorgfältig geplante Aktion des zivilen Ungehorsams in die Praxis umzusetzen und in Gruppen von zwei bis drei Personen on das Versuchsgelände einzudringen.

Als die erste Gruppe, die aus Lawrence Scott, Lilian Willoughby und mir bestand, sich dem Eingang näherte, stellten wir fest, dass die Behörden Maßnahmen gegen einen militärischen Überfall und nicht gegen eine gewaltlose Aktion getroffen hatten.

Ein Stacheldrahtverhau war vor dem Eingang, so weit das Auge reichte, ausgerollt. Auf der Innenseite des Eingangs standen 40 Kavalleristen und eine Anzahl Angestellte der Atomenergie-Kommission, welche die Versuchsexplosionen leitet.

Zwei Schritte vor dem Eingang stellte sich uns ein schwerbewaffneter Wachposten entgegen : „Ohne Marke dürfen Sie das Gelände nicht betreten“, sagte er.
Lawrence Scott, der Wortführer unserer Gruppe, versuchte ihm die Gründe unserer Aktion auseinanderzusetzen. Der Wachtposten gab keine Anzeichen dafür,dass er verstanden hatte. Schließlich fragte ihn Scott „Haben Sie denn überhaupt keine Bedenken wegen der Bombe ?“
„Nein, keine“, antwortete der Posten.

Daraufhin wurden wir verhaftet. Die Kavalleristen nahmen uns bei der Hand und führten uns in eines der Gebäude. Das gleiche geschah auch mit der zweiten Gruppe. Die aus Ted Klaseem und Ted Olsen bestand, sowie mit der darauffolgenden, bestehend aus Dave Andrews und Bryce Babcock, Sam Tyson und John Ingersoll und der letzten aus Albert Bigelow und Frentiss Choate.

Dann wurden wir mit einem Bus der Atomenergie-Kommission unter der Bewachung von vier Kavalleristen nach Beatty, einer kleinen Siedlung in der Wüste, gebracht und vor den Friedensrichter gestellt.

Wir standen unter der Anklage, die Gesetze des Staates übertreten zu haben. Demgegenüber vertrat unser Rechtsanwalt, Francis Heisler, der viele Pazifisten vor Gericht verteidigt hat, den Standpunkt, dass die Atomenergie-Kommission mit ihren uneingeschränkten Befugnissen verfassungswidrig sei.
Allen Angeklagten wurde Gelegenheit gegeben,zu erklären warum sie sich nicht als schuldig im Sinne der Anklage bekannten. Ich führte u. a. aus :

„Ich bekenne mich nicht schuldig. Schuldig ist meiner Ansicht nach die amerikanische Bundesregierung, und zwar ungeheuerlich schuldig, weil sie durch ihre Übertretung - die Versuchsexplosionen - das Fortbestehen der Welt in Frage stellt.“

Der Friedensrichter verurteilte uns zu ausgesetzten Strafen (suspended sentences- auf Bewährung ?). Nach der Freilassung kehrten wir zu unserem Wachlager zurück.Als die Nacht einbrach, wurden wir von den Militärbehörden wieder wie Angehörige einer feindlichen Invasionsarmee behandelt.
Fünf Wagen voll Wachmannschaften umkreisten unser Lager und richteten ihre Scheinwerfer auf uns. Auch wurden Seile um den Platz gezogen um unsere Bewegungsfreiheit einzuschränken. Wachposten mit starken Lampen patrouillierten halbstündlich um unser Lager.

Die Bombenexplosion war für den darauf folgenden Morgen angesetzt. Während der ganzen Nacht fuhren endlose Kolonnen von Lastkraftwagen aller Art auf das Versuchsgelände. Ein blaues Blinklicht zeigte, dass die verschobene Explosion diesmal erfolgen würde.

Als der Zeiger sich der Stunde der Explosion - 5.25 Uhr- näherte, breitete sich eine eigenartige Stille über die ganze Landschaft. Wir saßen schweigend im Kreis. Viele von uns beteten. Plötzlich blitzte ein blendendes Licht auf, und darauf erhob sich langsam hinter den bergen der Pilz- grau und rosarot. Ich hatte den Pilz öfter auf Bildern gesehen, es war aber eine schreckliche Erfahrung, ihn in Wirklichkeit und Farben zu sehen,wie er die Stille der Wüste und der Berge in der Morgendämmerung durchbrach. Als die Sonne aufging, machten wir uns daran, die Gegend zu verlassen und die Aktion abzubrechen.

Das Unternehmen, das von allen pazifistischen Gruppen und vielen Persönlichkeiten aktiv unterstützt wurde,war nach unserer Meinung vollauf gelungen,und zwar schon deswegen,weil es die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung und der Weltpresse in einer dramatischen Weise auf sich lenkte.

Die große amerikanische Zeitung „New York Times“ brachte einen ausführlichen Bericht ihres Korrespondenten Gladwyn Hill, in dem es unter anderem hieß : “Drei Sperrketten von Wachmannschaften, ein Dutzend Sicherheitspolizisten der Atomenergie-Kommission, vier Vizesheriffs und zwanzig Polizisten waren vor dem offenen Toreingang aufgestellt. Etwa 100 Menschen, einschließlich Atomwissenschaftler und Angestellte der C, betrachteten die Demonstration.
Diese Aktion von zivilem Ungehorsam war etwas ganz Neues in der siebenjährigen Geschichte von Versuchsexplosionen in Nevada. Es war das erste Mal, dass Eindringlinge auf diesem 640 Quadratmeilen großen Gelände strafrechtlich verfolgt wurden. Die bisherigen Übertretungen waren auf Unachtsamkeit zurückzuführen.
Den Wachmannschaften, die sich auf ihre Befehle beriefen, hielten die Pazifisten die Nürnberger Urteile vor, die das Prinzip aufgestellt haben : Die Ausführung von Befehlen entbindet nicht von Schuld.“

Veröffentlicht u.a. in FREIE PRESSE, 27. August 1957


(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Nevada_National_Security_Site

Nye County : home to Shoshone, Paiutes before miners, scientists arrived

(2) http://en.wikipedia.org/wiki/James_Peck_%28pacifist%29

Jim Peck war an vielen gewaltfreien Aktionen beteiligt, so auch 1961 bei den Freedom Rides gegen die Rassendiskriminierung in den Südstaaten. In Birmingham, Alabama wurde er vom Ku Klux Klan überfallen und schwer verletzt.

http://www.pbs.org/wgbh/americanexperience/freedomriders/people/james-peck

(3) Vermutlich ist hier eine Mahnwache gemeint