Auszüge aus einem Vortrag von Luise Schramm
Von Montgomery nach Gorleben...
On-line gesetzt am 1. April 2018
zuletzt geändert am 30. Oktober 2023

Luise Schramm hat eine interessante, gut recherchierte Dissertation zum Verhältnis der Evangelischen Kirche zur Anti-AKW-Bewegung am Beispiel Brokdorf geschrieben.
Luise hat bei einer Akademietagung in Jena einen zusammenfassenden Vortrag gehalten. Als Ermunterung, in die Lektüre einzusteigen, findet Ihr unten in einer pdf-Datei den Vortragstext und hier folgend eine kürzere Version, d. h. ohne den ersten Teil des Vortrags, der sich mit Martin-Luther Kings Wirken beschäftigt

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nach Gorleben

Gewaltfreie Aktionsgruppen und die Graswurzelbewegung
Mit der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung erhielt Gandhis Konzept immensen Auftrieb. Auch die amerikanische Studentenbewegung und Anti-Vietnamkriegs-Bewegung waren von diesem Konzept beeinflusst. In Deutschland rezipierte zunächst nur ein zahlenmäßig kleiner Kreis bewusst den von Gandhi und der Bürgerrechtsbewegung praktizierten Ansatz. Dies waren die seit 1968 entstandenen Gewaltfreien Aktionsgruppen. Seit 1969 wurde in ihrem Umfeld die von Theodor Ebert gegründete Zeitschrift »gewaltfreie aktion« und seit 1972 die von Wolfgang Hertle gegründete Zeitschrift »Graswurzelrevolution« herausgegeben. Ziel der Graswurzelrevolution war es, die Veränderungen von unten durch gewaltfreie Aktion und Selbstorganisation anzustoßen. Theodor Ebert systematisierte im deutschsprachigen Raum zum ersten Mal umfassend das Konzept der »gewaltfreien Aktion«.
Er prägte das Kunstwort »Gewaltfreiheit«, um mit ihm eine Abgrenzung von Begriff der Gewaltlosigkeit vorzunehmen. Denn dieser kann auch einen situativen Gewaltverzicht meinen, während der Gewaltfreiheit in Anlehnung an Gandhis Satyagraha eine prinzipielle Einstellung und Lebenshaltung des Menschen zugrunde liegt.18 Er systematisierte außerdem die vielfältigen Methoden der gewaltfreien Aktion. …..

Theodor Ebert unterschied zwischen subversiven und konstruktiven Aktionsformen und machte bei diesen jeweils drei Eskalationsstufen aus. Auf der ersten Eskalationsstufe wird nicht in das Funktionieren des bestehenden Systems eingegriffen. Die subversive Aktionsform ist der Protest, beispielsweise durch Demonstrationen und Mahnwachen, die konstruktive Aktionsform das Aufzeigen von besseren Möglichkeiten, z.B. durch teach-ins oder Erstellung von Gutachten. Auf der zweiten Eskalationsstufe wird versucht, das System zu lähmen. Auf dieser ist die legale Nichtzusammenarbeit, wie Wahlboykott oder Hungerstreik, subversiv, die legale Rolleninnovation, die durch Herausgabe von Zeitungen oder der Einrichtung eigener Bildungsstätten umgesetzt werden kann, konstruktiv. Die dritte Eskalationsstufe unterscheidet sich von den ersten beiden durch ihre Illegalität. Auf ihr werden offen Gesetze sowie administrative und gerichtliche Gebote und Anordnungen missachtet. Hier wird als subversive Aktionsform der zivile Ungehorsam, beispielsweise durch Steuerverweigerung, Sitzblockaden, Generalstreiks, Haus- oder Landbesetzungen etc. genannt. Konstruktiv ist auf dieser Stufe die zivile Usurpation z.B. durch die Bildung von Selbstverwaltungsorganen. Ziviler Ungehorsam ist demzufolge eine Unterform der gewaltfreien Aktion, nämlich die illegale gewaltfreie Aktion. Zu ihm wird nur gegriffen, wenn legale Widerstandsformen nicht mehr »erfolgversprechend« sind. 20
Die in einem losen Netzwerk verschiedener Basisinitiativen organisierten und zunächst vor allem antimilitaristisch engagierten Gewaltfreien Aktionsgruppen in Deutschland sahen in der gewaltfreien Aktion neben ihrem Potential, reformerisch einzelne Missstände innerhalb der Gesellschaft abzuschaffen, auch einen Weg, revolutionär eine grundsätzliche gesellschaftliche Wandlung herbeizuführen. Sie verbanden den Standpunkt der »Gewaltfreiheit« mit libertär-sozialistischen und anarchistischen Ansätzen und griffen damit die anarchistischen Implikationen der Ansätze Thoreaus und Gandhis auf. Sie verstanden in Anlehnung an Gandhis Zweck-Mittel-Einheit die gewaltfreie direkte Aktion als ideales Mittel, mit dem die Menschen selbstorganisiert von der Basis her direkt das Ziel einer gewaltfreien und herrschaftslosen Gesellschaft verwirklichen könnten. Mit dem Begriff »Graswurzelrevolution« wurde diese Vorstellung illustriert. Theodor Ebert integriert sogar das Ziel einer gewaltfreien herrschaftslosen Gesellschaft in seine Charakteristik der gewaltfreien Aktion. 21

Die Schule um Hans-Eckehard Bahr
Im protestantischen Bereich setzte sich vor allem die Schule um den Friedensforscher und Theologen Hans-Eckehard Bahr, der von 1967 bis 2004 an der EvangelischTheologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum Professor für Praktische Theologie war, mit dem Ansatz und den Ideen Martin Luther Kings auseinander. Bahr hatte 1966 eine Professur an der University of Chicago inne und war dort Martin Luther King persönlich begegnet. Hans-Jürgen Benedict, 1966 bis 1977 wissenschaftlicher Assistent bei Hans-Eckehard Bahr, forschte zur afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung und der US-amerikanischen kirchlichen Kriegsopposition. 22 Anhand praktischer Beispiele arbeitete er das das Engagement US-amerikanischer Kirchen in der Anti-Vietnam-Kriegs-Bewegung und der gewaltfreien Bürgerrechts- bewegung auf. Er wollte durch ihr Vorbild aufzeigen, wie die Kirche gewaltfreie gesellschaftliche Veränderungen voranbringen kann.23 Benedict war ebenfalls von Theodor Eberts Konzept der Sozialen Verteidigung/Gewaltfreien Aktion beeinflusst. Später war er stark in der Anti-AKW-Bewegung im Zusammenhang mit dem Bau des AKWs Brokdorf engagiert. Heinrich Wilhelm Grosse wurde 1971 bei Bahr über Martin Luther King promoviert. 24 Grosse hatte 1967/68 in den USA in Boston studiert und sich dort mit der sogenannten Rassenfrage und der Geschichte der afro-amerikanischen Kirchen beschäftigt. In dieser Zeit arbeitete er auch in der Bürgerrechtsbewegung und der Bewegung gegen den Vietnamkrieg mit und begegnete Martin Luther King.

Die deutsche 68er Studentenbewegung
Auch wenn die deutsche 68er Studentenbewegung in der Praxis oft Methoden der US amerikanischen Bürgerrechtsbewegung verwandte, griff sie auf das Konzept der »gewaltfreien Aktion« oder seiner speziellen Form – den zivilen Ungehorsam – weniger bewusst zurück. So fanden symbolische Provokationen und begrenzte bzw. kalkulierte Regelverletzungen wie Sitzblockaden statt, 25 die – ohne so bezeichnet worden zu sein – praktisch dem zivilen Ungehorsam gleichkamen. Ohne bewussten Rekurs auf das Konzept des zivilen Ungehorsams als einer gewaltfreien Aktion bargen die von der 68er Studentenbewegung praktizierten kalkulierten Regelverletzungen und symbolischen Provokationen allerdings die Gefahr einer Radikalisierung unter Einsatz von Gewalt. Auch in Rudi Dutschkes Formel »vom Protest zum Widerstand« ist diese Gefahr angelegt. Aus diesem Grund wurde von der 68er Studenten- bewegung die Differenzierung zwischen »Gewalt gegen Sachen« und »Gewalt gegen Personen« vorgenommen. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) einigte sich damals auf die Losung »Gewalt gegen Sachen ja, Gewalt gegen Menschen nein«. 26 Regelverletzungen und symbolische Provokationen konnten Gewalt gegen Sachen enthalten, Gewalt gegen Personen sollte dabei aber ausgeschlossen werden. Splittergruppen der 1968er Bewegung ebneten zwar diese Unterscheidung ein und radikalisierten sich bis hin zu den terroristischen Aktionen der Roten Armee Fraktion (RAF).
Die Mehrheit der »68er« blieb jedoch dabei, dass nur »Gewalt gegen Sachen« zu rechtfertigen sei. 27 Helmut Gollwitzer, der unter Rückgriff auf diese Differenzierung vor einem »Übergang von der Gewalt gegen Sachen zur Gewalt gegen Personen« gewarnt hatte, 28 kritisierte den Begriff »Gewalt gegen Sachen« als »töricht«. Er veranschaulichte dies damit, dass man ständig, z.B. beim Nageleinschlagen, Gewalt gegen Sachen vollziehe. Präziser wäre dieser Sachverhalt als illegale Verletzung fremden Eigentums und damit der Verletzung der Eigentumsrechte, so etwa z.B. durch Sabotageakte, zu beschreiben. 29 Auf die Theorie der »gewaltfreien Aktion« wirkte die Diskussion um die Legitimität von »Gewalt gegen Sachen« insofern zurück, als nun umstritten war, ob es bei einer gewaltfreien Aktion zu Sachbeschädigungen kommen dürfe. Zumeist wurde dieses Problem so aufgelöst, dass Sachbeschädigung und ›Gewalt gegen Sachen‹ möglichst vermieden werden sollten, aber nicht grundsätzlich für unvereinbar mit dem Charakter einer gewaltfreien Aktion gehalten wurden. 30

Erst mit der Bauplatzbesetzung gegen den Bau des Atomkraftwerks Wyhl 1975 wurde die gewaltfreie Aktionsform des zivilen Ungehorsams in Deutschland von einer größeren Gruppe aus allen Teilen der Bevölkerung angewandt. In einer zweisprachigen Erklärung der 21 Bürgeriniitiativen an die badisch-elsässische Bevölkerung vom 31. August 1974 kündigten die Bürgerinitiativen an, bei Baubeginn den Bauplatz zu besetzen. Dabei verwandten sie noch nicht den Begriff »zivilen Ungehorsam«, sondern den Begriff »passiven Widerstand« bzw. »Résistance«. Sie erinnerten damit an die französische Résistance gegen die deutsche Besatzungsmacht 1940–45. Die den Widerstand gegen Wyhl tragenden badisch-elsässischen Bürgerinitiativen waren zum einen von französischen Aktivisten beeinflusst. Französische Aktivisten hatten im Gefolge der 68er stärker die amerikanische Bürgerrechtsbewegung rezipiert und konnten auf eine breitere Tradition der gewaltfreien Aktion zurückgreifen: einerseits weil es dort eine stärkere Kriegsdienstverweigerungs- Bewegung aufgrund des Militärdienst-Zwangs gab, andererseits durch die Erfahrungen des gewaltfreien Widerstand gegen die Erweiterung eines Truppenübungsplatzes im Larzac 31. So war das direkte Vorbild für die Wyhler Bauplatzbesetzung die Platzbesetzung gegen den Bau eines Bleichemiewerkes im französischen Marckolsheim 1974. Zum anderen hatten die badisch-elsässischen Bürgerinitiativen aber auch Kontakt zu den zahlenmäßig geringen deutschen Gewaltfreien Aktionsgruppen: So zählte die studentische Gewaltfreie Aktion Freiburg zu den badisch-elsässischen Bürgerinitiativen und machte auf dem Graswurzel-Sommerlager 1974 am Kaiserstuhl die Graswurzelbewegung mit dem Widerstand der badisch-elsässischen Bürgerinitiativen bekannt. Dies war der Ausgangspunkt für die Aktivitäten der Graswurzelbewegung innerhalb der Anti-AKW-Bewegung. 32 Weiterhin versuchte der aus der Gewaltfreien Bewegung kommende Friedensforscher Wolfgang Sternstein mit Strategiepapieren, die er an Mitglieder der Bürgerinitiativen verschickte, die Theorie und Praxis der gewaltfreien Aktion bekannt zu machen. Dass von den Strategiepapieren ein großer Einfluss ausging, muss jedoch bezweifelt werden, ebenso wie der Einfluss der deutschen Gewaltfreien Aktionsgruppen allgemein auf die Entscheidung für den gewaltfreien Widerstand und das Beibehalten des gewaltfreien Vorgehens nicht sehr hoch zu veranschlagen ist. Ausschlaggebend dafür war eher der Einfluss der elsässischen Aktivisten und der – wie es der politische Liedermacher und Zeitzeuge Walter Mossmann bezeichnete – »gesunde Menschenverstand« der führenden Mitglieder der Bürgerinitiativen vor Ort auf dem Kaiserstuhl. Die badisch-elsässischen Bürgerinitiativen waren sich durchaus des Problems bewusst, eine illegale Bauplatzbesetzung rechtfertigen und legitimieren zu müssen. Ihre Argumentation war, dass schon die Landesregierung die Spielregeln des demokratischen Rechtsstaates verletzt habe. In der Bauplatzbesetzung sahen die Bürgerinitiativen die Möglichkeit, sie wiederum zur Einhaltung der Spielregeln zu bewegen. 33

Als sich in der Offenburger Vereinbarung die Landesregierung zur Einhaltung der Regeln verpflichtete, indem sie der Forderung der Bürgerinitiativen nachkam, mit dem Bau bis zur juristischen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu warten und somit bis dahin keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, versprachen die Bürgerinitiativen im Gegenzug dafür in dieser Vereinbarung, ebenfalls die Entscheidung des Gerichts zu akzeptieren und weitere »gesetzwidrige Handlungen« weder selbst vorzunehmen noch zu unterstützen.34 Die illegale Bauplatzbesetzung hatte demzufolge die Funktion, die Einhaltung der Regeln des demokratischen Rechtsstaates durch die Regierenden anzumahnen. Wenn die Regierenden diese Regeln wieder einhielten, sahen auch die Bürgerinitiativen keine Legitimität mehr für illegale Aktionen.

Ziviler Ungehorsam in Brokdorf
Das erfolgreiche Vorbild der gewaltfreie Aktionsform des zivilen Ungehorsams bei der Wyhler Bauplatzbesetzung vor Augen wurde nun auch im Zusammenhang mit dem Protest gegen den Bau des AKWs Brokdorf zu Bauplatzbesetzungen aufgerufen.
32 kirchliche Mitarbeiter verabschiedeten am 10. November 1976 die so genannte Brokdorfresolution und riefen für die von der Bürgerinitiative Umweltschutz Unterelbe beschlossenen Demonstration am 13. November 1976 zu Folgendem auf: »Unser Widerstand soll aktiv, aber gewaltfrei sein. Gewaltfreiheit bedeutet allerdings nicht, dass wir Eigentumsrechte da achten, wo diese zum Schaden aller missbraucht werden. Wir behalten uns deshalb die Freiheit vor, in einem evtl. Akt bürgerlichen Ungehorsams das Gelände zu besetzen, um den Bau des Atomkraftwerkes zu verhindern. Wir wollen dabei jedoch auf keinen Fall Menschen verletzen. Jeder Verletzte, ob Demonstrant oder Polizist, ist einer zuviel.«35

Mit diesem Aufruf waren die Hamburger kirchlichen Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt die einzigen, die auch in Brokdorf eine Platzbesetzung öffentlich in ihre Überlegungen eingeschlossen hatten 36 und damit zu einem Akt zivilen Ungehorsams aufgerufen hatten. Aus diesem Grund erregte ihr Aufruf viel Aufsehen und Auseinandersetzungen im kirchlichen Bereich, und er sollte staatsanwaltschaftliche und kirchenrechtliche Ermittlungen nach sich ziehen. Bei der Demonstration veranstalteten die kirchlichen Mitarbeiter und Pastoren einen Gottesdienst, wobei einige Pastoren ihren Talar trugen. Im Übrigen wurden bei diesem Gottesdienst unter anderem die Klassiker der Reformation und der afro-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung gesungen: »Ein feste Burg ist unser Gott« und »We shall overcome«. Als die Bauplatzbesetzung am 13. November jedoch scheiterte und es im Gegenteil zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen kam, musste man einsehen, dass sich die Strategie der Bauplatzbesetzung, die in Wyhl so erfolgreich war, nicht so leicht in Brokdorf umsetzen ließ. Die polizeilichen Maßnahmen, mit denen der Bauplatz verteidigt wurde, übertrafen bei weitem diejenigen, die zur Verteidigung des Wyhler Bauplatzes getroffen worden waren. Aber auch die Militanz auf Seiten der Demonstranten kannte man nicht von den Wyhler Verhältnissen. Dies hing damit zusammen, dass dort vor allem die ländliche Bevölkerung agierte, während die Wilstermarscher vor Ort tatkräftige Unterstützung aus dem politischen Milieu der militanten radikalen Linken aus den nahe gelegenen Großstädten erhielten.
Für die Brokdorf-Pastoren, die sich inzwischen mit Aktivisten aus der Gewaltfreien Bewegung zu einer Hamburger Initiative zusammengeschlossen hatten, stellte sich nun die Frage, wie ein weiteres Vorgehen der Anti-AKW-Bewegung aussehen könne, das durch direkte gewaltfreie Aktionen des zivilen Ungehorsams den Bau des AKWs verhindern könnte, wie das in Wyhl gelang, jedoch nicht zu einer Eskalation der Gewalt führen musste, die bei einem weiteren Bauplatzbesetzungsversuch zu befürchten war. Angesichts dieser Problematik reflektierte diese Hamburger Initiative Kirchlicher Mitarbeiter und Gewaltfreie Aktion nun stärker die Möglichkeiten gewaltfreien Widerstandes, die Alternativen zu
einem Bauplatzbesetzungsversuch darstellen könnten. In einer Untergruppe »gewaltfreie Strategien« wurde »das Thema ›Gewaltlosigkeit‹ [wurde] als wichtigstes […] erachtet« und bearbeitet 37

Dabei konnte die Hamburger Initiative auf das Hintergrundwissen der Mitglieder aus den gewaltfreien Aktionsgruppen zurückgreifen. Wichtige Impulse gingen von dem schon erwähnten Politikwissenschaftler Wolfgang Hertle aus, der seit Längerem in der gewaltfreien Bewegung aktiv war: 1969 war er Mitbegründer der Gewaltfreien Aktion Augsburg, 1972 hatte er in Augsburg die schon erwähnte libertär-sozialistische Zeitschrift Graswurzelrevolution gegründet. 38 Wolfgang Hertle gehörte zu denen, die durch das Graswurzel-Sommerlager 1974 in Kontakt zur Anti-AKW-Bewegung in Wyhl gekommen waren. 1975 beteiligte er sich an der zweiten Besetzung in Wyhl und pflegte intensiven Kontakt zur Gewaltfreien Aktion Freiburg, die an den Protesten gegen Wyhl beteiligt war. 39 Zum Zeitpunkt der Auseinandersetzungen um Brokdorf schrieb der Politologe an einer Dissertation über den gewaltfreien Widerstand gegen die Erweiterung eines Truppenübungsplatzes in Süd-Frankreich, Larzac, von 1971 bis 1981, der ja den Widerstand gegen den Bau des AKWs Wyhl beeinflusst hatte. 40 Die Dissertation war angebunden an das Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, an der auch der Politologe und Friedensforscher Theodor Ebert lehrte, dessen Konzept von der Sozialen Verteidigung/Gewaltfreien Aktion die gewaltfreie Bewegung und auch Hertle stark beeinflusst hatte. Hertle machte der Gruppe zum einen deutlich, wie notwendig es ist, sich intensiv mit Ethik, Theorie und Praxis des gewaltfreien Widerstandes auseinander- zusetzen und diese in die Anti-AKW-Bewegung hineinzutragen und bekannter zu machen. Notwendig sei diese Aufklärungsarbeit, da die bisherige »Diskussion über Gewaltfreiheit nicht über ein stark allgemeines und unkonkretes Niveau« hinausgelangt war. 41 Die Unkenntnis über Theorie und Praxis gewaltfreier Aktionen in den Bürgerinitiativen und der Öffentlichkeit zeigte sich unter anderem darin, dass sowohl, Regierung als auch K-Gruppen einerseits Gewaltfreiheit mit Legalität und Passivität, andererseits Gewalt gegen Sachen und illegales Vorgehen mit Kriminalität und Gewalt gegen Personen gleichsetzen konnten. Da es in Deutschland an Traditionen gewaltfreien Widerstandes fehle, sollte man auch auf Beispiele laufender Kampagnen im Ausland, wie z.B. Larzac, zurückgreifen. 42

Auch von dem schon erwähnten Theologen Hans-Jürgen Benedict aus der Schule um den Friedensforscher und Theologen Hans-Eckehard Bahr 43 gingen wichtige Impulse aus. Benedict hatte ein Informationsdefizit über den Charakter gewaltfreier Aktion ausgemacht und wollte daher Aufklärung leisten. Hertle und Benedict stießen Diskussionen über Alternativvorschläge gewaltfreier Aktionen an, die die Hamburger Initiative vorbereiten und den Bürgerinitiativen unterbreiten könne. Alternative Widerstandsmöglichkeiten zu einem Bauplatzbesetzungsversuch sah man in der Gruppe in einem überregionalen Aktionstag und zudem in längerfristigen Maßnahmen, die auf mehreren Ebenen und an verschiedenen Stellen, zentral und dezentral, umgesetzt werden könnten. Konkret wurden bundesweite Demonstrationen, Sternmärsche nach Bonn und Kiel, Telefonblockaden und Sitzstreiks vorgeschlagen. In diesem Zusammenhang kam die Idee des Stromzahlungs- boykottes als eine Aktion des zivilen Ungehorsams auf. 44 Mit diesen Ideen und Ansichten brachte sich die Hamburger Initiative bei den Koordinationstreffen der Anti-AKW-Bewegung zur Vorbereitung der geplanten Demonstration am 19. Februar 1977 ein. Am 19. Februar 1977 machten sie schließlich bei der Kundgebung in Itzehoe einen Aktionsvorschlag, der sich aus den Überlegungen der Hamburger Initiative über Charakteristik und Möglichkeiten gewaltfreier Aktion ergeben hatte. Dieser Aktionsvorschlag war gewaltfrei, direkt, gesetzesüberschreitend, konkret, überregional, dezentral und längerfristig angelegt. Sie stellten einer breiteren Öffentlichkeit die Idee ihres Stromzahlungsboykotts vor. 45 Der Stromzahlungsboykott wurde zwar von der Hamburger Initiative kirchlicher Mitarbeiter und Gewaltfreie Aktion initiiert, verselbständigte sich aber und breitete sich auch außerhalb Hamburgs aus. Allerdings erhielt er in den Medien immer wieder besondere Aufmerksamkeit, wenn Pastoren zu ihm aufriefen, wenn kirchliche Einrichtungen an ihm teilnahmen oder wenn es zu Prozessen gegen Pastoren kam. Die Teilnahme von Pastoren und kirchlichen Einrichtungen verlieh dem Stromzahlungsboykott als einer illegalen direkten Aktion verstärkte moralische Legitimität. Durch die Teilnahme der Pastoren am Stromzahlungsboykott wurde dieser weniger als eine ‚chaotische‘ studentische Protestaktion wahrgenommen, ähnlich den symbolischen Provokationen oder begrenzten Regelverletzungen der 1968er Jahre, sondern als bürgerlicher Ungehorsam. Damit wurden der Stromzahlungsboykott und mit ihm auch die Aktionsform des zivilen Ungehorsams salonfähig gemacht. Außerdem hatte die Teilnahme von Pastoren und kirchlichen Einrichtungen in gewisser Weise eine Schutzfunktion. So zögerte man zunächst, zivilrechtliche Prozesse in die Wege zu leiten sowie Stromsperren zu verhängen, um medienwirksame Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Ziviler Ungehorsam in Gorleben
Die Überlegungen der Hamburger Initiative zu den gewaltfreien Aktionen sollten auch in den Protesten gegen das geplante integrierte nukleare Entsorgungszentrum in Gorleben einfließen. Am 22. Februar 1977 hatte Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht verkündet, dass in Gorleben ein solches integriertes nukleares Entsorgungszentrum entstehen solle. Am 2. März 1977 gründeten Atomkraftgegner die Bürgerinitiative Umweltschutz LüchowDannenberg. Diese entwickelte gemeinsam mit den Gorleben-Freundeskreisen, dem Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e. V. (BBU) und den Gewaltfreien Aktionsgruppen das Konzept eines direkten gewaltfreien »dezentralen Widerstandsprogramms«. Dieses Widerstandskonzept reagierte auf die Erfahrungen der vergangenen Großdemonstrationen und Bauplatzbesetzungsversuche in Brokdorf und in Grohnde am 19. März 1977 und wegen des Baus des Schnellen Brüters in Kalkar am 24. September 1977. Bei diesen hatte sich gezeigt, dass das Mittel der Bauplatzbesetzung angesichts des »inzwischen gut vorbereiteten und gerüsteten Apparats der Polizei« ungeeignet war. 46

Grundlage des nunmehr dezentralen Widerstandsprogramm war folgender Gedankengang: »Überall […] werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß Gorleben möglich und nötig wird.« 47 Daher müsse auch an diesen verschiedenen Punkten, an Forschungsstätten, Schnellen Brütern, an AKW-Standorten und Energieversorgungsunternehmen, bei Bohrfirmen, an Regierungssitzen und voraussichtlichen Standorten für Zwischenlager direkter gewaltfreier Widerstand geleistet werden: »Wir müssen unsere Aktionen von klein auf entfalten, sie müssen direkten Verhinderungscharakter haben, sie müssen gewaltfrei sein, dezentral und umfassend organisiert werden und dauerhaft aufrechtzuerhalten sein.« Unter solchen direkten gewaltfreien Aktionen stellte man sich Protestaktionen wie Straßentheater, Mahnwachen, Demonstrationen und Behinderungsaktionen wie Blockaden, Anketten und den Stromzahlungsboykott vor. Das Ziel war, dass die »Gesamtheit aller Aktionen auf den verschiedenen Ebenen eine Eskalationsstufe erreicht, die es den Verantwortlichen in Industrie und Regierung unmöglich macht, ihre atomaren Pläne zu verwirklichen.« Die Dezentralität der Widerstandsaktionen sollte der bundesweiten Bedeutung des Gorlebenprojektes entsprechen.
Die Hamburger Initiative sah mit diesem gewaltfreien direkten dezentralen Widerstandskonzept ihre Anregungen aufgegriffen, die sie in die Diskussionen auf den Bundestreffen im Zusammenhang mit der Planung der Demonstration am 19. Februar 1977 einzubringen versucht hatte. 48

Der Stromzahlungsboykott der Hamburger Initiative fügte sich ebenfalls ideal in das Konzept ein. So betrachteten einige Stromzahlungsboykotteure ihren Boykott auch als Teil des dezentralen Widerstandsprogramms. Wolfgang Hertle zog ins Wendland und baute dort 1979 mit anderen die Bildungs- und Begegnungsstätte für Gewaltfreie Aktion »Kurve Wustrow« auf. Der am Prinzip der Gewaltfreiheit ausgerichtete Widerstand im Wendland war im Übrigen stark regional von Bauern vor Ort getragenen. Legendär wurde das Hüttendorf der »Republik Freies Wendland« an der am 3. Mai 1980 von 5.000 Personen für einen Monat besetzten Tiefbohrstelle 1004, in dem mit alternativen Lebensformen experimentiert wurde. 49 .……...

Beim Durchgang durch die Geschichte der Protestform der gewaltfreien direkten Aktion in Deutschland zeigte sich, dass Protestanten als Katalysatoren für die Entwicklung der gewaltfreien direkten Aktion fungierten, wie zum Beispiel die Hamburger Pastoren und kirchlichen Mitarbeiter. Zum einen setzten sie sich mit Anregungen von einzelnen Mitgliedern, die aus der Bewegung der anarchistisch orientierten gewaltfreien Aktion kamen, auseinander, trugen diese in die Anti-AKW-Bewegung hinein und verstärkten so einen Reflexionsprozess über den zivilen Ungehorsam. Zum anderen verlieh ihr kirchlicher Hintergrund den gewaltfreien Aktionen eine höhere Medienwirksamkeit, verstärkte den Eindruck ihrer moralischen Legitimität und hatte eine gewisse Schutzfunktion. Christliche Motive des zivilen Ungehorsams Die Pastoren und kirchlichen Mitarbeiter griffen dabei auf unterschiedliche Motive zurück: erstens auf biblisch-anthropologische, zweitens auf schöpfungstheologische und drittens auf befreiungstheologische Motive. Aber auch reformatorische Motive spielten eine Rolle. …......
Fazit
Indem protestantische Akteure, wie zum Beispiel die Hamburger Initiative kirchlicher Mitarbeiter und Gewaltfreie Aktion, als Katalysatoren für die Verbreitung des von der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung praktizierten zivilen Ungehorsams in Deutschland wirkten und dabei neben biblisch-anthropologischen, schöpfungs- theologischen und befreiungstheologischen Motiven auch von reformatorischen Motiven bewegt wurden, zeigt sich in der Geschichte des zivilen Ungehorsams von Montgomery nach Gorleben der Einfluss von Martin Luther bis Martin Luther King. .....

Anmerkungen
18 Vgl. WOLFGANG STERNSTEIN, Gandhis Konzept der aktiven Gewaltfreiheit und die Friedensbewegung, in: Wissenschaft und Frieden (2000) 1, und WOLFGANG STERNSTEIN, Gandhi und der Westen – eine Geschichte der Missverständnisse, in: Wissenschaft und Frieden (2008) 1, Zu beachten ist, dass Eberts Begriff der Gewaltfreiheit quer zur juristischen Definition der Gewalt steht. (Vgl. DIETER RUCHT, Recht auf Widerstand. Aktualität, Legitimität und Grenzen ›zivilen Ungehorsams‹, in: BERND GUGGENBERGER/CLAUS OFFE [Hrsg.], An den Grenzen der Mehrheitsdemokratie. Politik und Soziologie der Mehrheitsregel, Opladen 1984, 254–281, ….
20 THEODOR EBERT, Ziviler Ungehorsam aus politischer Verantwortung. Gewaltfreier Widerstand von Bürgerinitiativen gegen großindustrielle Anlagen. In: gewaltfreie aktion. Vierteljahreshefte für Frieden und Gerechtigkeit 31/32 (1977), 27–39, hier 34.
21 »Allein maßgeblich für den gewaltfreien Charakter einer Aktion ist, daß sie erstens den Gegner nicht verletzt, daß sie zweitens sich durch die konkrete Utopie einer repressionsfreien sozialen Demokratie legitimiert und daß sie drittens allen Teilnehmern die Chance egalitärer Partizipation bietet.« (EBERT, Gewaltfreier Aufstand, 34).
22 Vgl. THEODOR EBERT/HANS-JÜRGEN BENEDICT (Hrsg.), Macht von unten. Bürgerrechtsbewegung, außerparlamentarische Opposition und Kirchenreform, Hamburg 1968. Weiterhin folgende Veröffentlichungen zur Friedensbewegung: HANS-JÜRGEN BENEDICT, Der neue Protestantismus. Motive und Formen der kirchlichen Kriegsopposition in den USA, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1971; sowie HANS-JÜRGEN BENEDICT, Von Hiroshima bis Vietnam. Eindämmungsstrategie der USA und ökumenische Friedenspolitik, Darmstadt 1973. Benedict wurde 1971 promoviert mit folgender Arbeit: HANS-JÜRGEN BENEDICT, Das christliche Friedenszeugnis in der Weltpolitik. Eine Fallstudie über die politische Verantwortung des Ökumenischen Rates der Kirchen während des Korea-Krieges, Diss. Bochum 1973.
23 BENEDICT, Der neue Protestantismus (s. Anm. 20), passim.
24 HEINRICH GROSSE, Die Macht der Armen. Martin Luther King und der Kampf für soziale Gerechtigkeit, Hamburg 1971.
25 Vgl. KARL-WERNER BRAND, Kontinuität und Diskontinuität in den neuen sozialen Bewegungen, in: ROLAND ROTH/DIETER RUCHT (Hg.): Neue soziale Bewegungen in der Bundesrepublik, Bonn 21991, 40–53; sowie KRISTINA SCHULZ, Studentische Bewegungen und Protestkampagnen, in: ROLAND ROTH/DIETER RUCHT (Hrsg.), Die sozialen Bewegungen in Deutschland seit 1945. Ein Handbuch, Frankfurt a. Main/New York 2008, 417– 446
26 Vgl. SUSANNE KAILITZ, Von den Worten zu den Waffen. Frankfurter Schule, Studentenbewegung, RAF und die Gewaltfrage, Wiesbaden 2007, 67.
27 Vgl. GERHARD FELS, Der Aufruhr der 68er. Zu den geistigen Grundlagen der Studentenbewegung und der RAF, Bonn 1998, 273.
28 »Gollwitzer warnt vor Gewalt.« FU-Diskussion: Widerspruch gegen SDS. Differenzen in der APO. In: RUDI DUTSCHKE, Die Revolte. Wurzeln und Spuren eines Aufbruchs. Hrsg. von Gretchen Dutschke-Klotz u.a., Reinbek bei Hamburg 1983, 114f, hier 115. Zitiert nach CLAUDIA LEPP, Helmut Gollwitzer als Dialogpartner der sozialen Bewegungen, in: SIEGFRIED HERMLE/CLAUDIA LEPP/HARRY OELKE (Hrsg.), Umbrüche. Der deutsche Protestantismus und die sozialen Bewegungen in den 1960er und 70er Jahren (AKiZ B 47), Göttingen 2007, 226–246, hier 235.
29 Vgl. Vortrag von Siegfried Heimann: »›Mehr Demokratie wagen‹ – Willy Brandt und die Außerparlamentarische Opposition« am 27.04.2009 auf einer Veranstaltung des August Bebel-Instituts, 7, URL: http://www.august-bebel-institut.de/02/download/Heimann_69Brandt.pdf (Stand: 30.11.2009).
30 JOCHHEIM, Gewaltfreie Aktion (s. Anm. 10), 20 und 23f.
31 Zum Larzac vgl. WOLFGANG HERTLE, Larzac 1971–1981. Der gewaltfreie Widerstand gegen die Erweiterung eines Truppenübungsplatzes in Süd-Frankreich, Kassel 1982.
32 BERND DRÜCKE, Eine lebendige Institution. Zur Geschichte und Zukunft der Graswurzelbewegung und ihres Organs. Ein Interview mit GWR- Gründer Wolfgang Hertle, in: graswurzelrevolution Mai (2004) 289, http://www.graswurzel.net/289/hertle.shtml (Stand: 30.11.2012).
33 Zu diesem Problem vgl. ROLAND VOGT, Rechtfertigungsprobleme der Platzbesetzung in Wyhl, in: THEODOR EBERT/WOLFGANG STERNSTEIN/ROLAND VOGT, Ökologiebewegung und ziviler Widerstand. Wyhler Erfahrungen. Aktionsforscher berichten, Stuttgart 1977, 17–34. 34 Vgl. Ziffer 7 der Offenburger Vereinbarung.
35 Aus der Presseerklärung von 32 Pfarrern, Diakonen und Kirchenvorstehern, in: Brokdorf ´76 und die Kirche. Pro und kontra Kernenergie (2) (epd-Dokumentation 8/1977), Frankfurt/Main 1977, 20.
36 Interview mit Ulfrid Kleinert, in: trotz alledem (Zeitung von und für Sozialpädagogen und Diakone in Ausbildung und Beruf der Evangelischen Fachhochschule und Diakonenanstalt des Rauhen Hauses) 4. Jg. (1981) 15, 25.
37 Protokoll der Hamburger Initiative kirchlicher Mitarbeiter und Gewaltfreie Aktion (HIkMuGA) vom 04.12.1977 (Archiv Aktiv für Gewaltfreie Bewegungen Hamburg, Nachlass Wolfgang Hertle, Stromzahlungsboykott); sowie Protokoll der Sitzung der Teilgruppe »gewaltfreie strategien« der Initiative kirchlicher Mitarbeiter vom 09.12.1976 von Volker Schmidt am 16.12.1976. (Archiv Aktiv für Gewaltfreie Bewegungen Hamburg, Nachlass Ulfrid Kleinert, Mappe 1: HIkMuGA-Materialien 1976–79).
38 ALEXANDER LEISTNER, Ein Grenzgänger auf der Suche nach Heimat. Wolfgang Hertle im Gespräch mit Alexander Leistner (Forschungsjournal Soziale Bewegungen), in: Forschungsjournal Soziale Bewegungen (2013) 4, 79–82, hier 79.
39 Auch später engagierte sich Hertle in der gewaltfreien Bewegung: Ende der 70er Jahre gründete der 1946 geborene im Wendland die Kurve Wustrow, die nicht nur eine Bildungs und Begegnungsstätte für Gewaltfreie Aktion war, sondern auch den Widerstand vor Ort unterstützen sollte. Dort arbeitete er bis 1990. In den 1990er Jahren unterstützte er den Aufbau des Archiv Aktiv für Gewaltfreie Bewegungen in Hamburg. Nicht nur dort, sondern auch im Archiv des Hamburger Instituts für Sozialforschung unterstützte und unterstützt er die Erforschung und Auseinandersetzung mit den Neuen Sozialen Bewegung durch die Sammlung und Aufbereitung umfänglichen Materials. Derzeit betreibt er eine Website für aktuelle gewaltfreie Bewegungen: https://castor.divergences.be. (LEISTNER, Ein Grenzgänger (s. Anm. 36), 79–82).
40 1982 wurde Hertle mit dieser Arbeit promoviert: HERTLE, Larzac 1971–1981
41 Kurzreferat von Wolfgang Hertle zu den Möglichkeiten direkter gewaltfreier Aktion im Protokoll der Sitzung der Teilgruppe »gewaltfreie strategien« der Initiative kirchlicher Mitarbeiter vom 09.12.1976 von Volker Schmidt am 16.12.1976 (Archiv Aktiv für Gewaltfreie Bewegungen Hamburg, Nachlass Ulfrid Kleinert, Mappe 1: HIkMuGA Materialien 1976–79
42 Vgl. ebd. Weiterhin WOLFGANG HERTLE, Brokdorf – ein zweites Wyhl? Erfahrungen der Bürgerinitiative im Widerstand und Schlußfolgerungen für künftige Aktionen, in: gewaltfreie aktion. Vierteljahreshefte für Frieden und Gerechtigkeit (1978) 28/29/39, 53–62 43 Bahr hielt auch am 19.02.1977 in Itzehoe eine Rede. Vgl. HANS-ECKEHARD BAHR, Eine neue gewaltfreie Kultur, in: JK (1977) 4, 202.
44 Vgl. das von Hans-Jürgen Benedict und Wolfgang Hertle für die Demonstration am 22.01. in Hamburg verfasste Flugblatt: Es geht nicht nur um Brokdorf. (Archiv Aktiv für Gewaltfreie Bewegungen Hamburg, Nachlass Wolfgang Hertle, Stromzahlungsboykott).
45 Handschriftliche Chronologie. (Archiv Aktiv für Gewaltfreie Bewegungen Hamburg, Nachlass Ulfrid Kleinert, Mappe 1: HIkMuGA-Materialien 1976–79).
46 DIETER RUCHT, Von Wyhl nach Gorleben. Bürger gegen Atomprogramm und nukleare Entsorgung, München 1980, 90.
47 Zitate auch im Folgenden aus: Aufruf der Freundeskreise der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg zum Zweiten Aktionstag / Wochenende 27./28./29.10.1978 »Gorleben soll leben! Wir werden uns regen!«. Dokumentation der Aktionen vor dem zentralen Verwaltungsgebäude der HEW zum 2. bundesweiten Aktionstag Gorleben: Gedacht als Anregung, 4 (Archiv Aktiv für Gewaltfreie Bewegungen Hamburg, Nachlass Ulfrid Kleinert, Mappe 3: HIkMuGA HEW/ Brunsbüttel 1977–79 Materialien, Korrespondenzen, Presse ab 1975).
48 Vgl. HAMBURGER INITIATIVE KIRCHLICHER MITARBEITER UND GEWALTFREIE AKTION, Wir sind Protestleute gegen den Tod. Ein Erfahrungsbericht, hrsg. von ULFRID KLEINERT u.a., Hamburg 1979, 16f. 49 MANFRED KÜHLE/ULFRID KLEINERT, Was ging voraus? Unser Weg bis zu den Blockaden von Brokdorf, in: ULFRID KLEINERT (Hrsg.), Gewaltfrei widerstehen. Brokdorf Protokolle gegen Schlagstöcke und Steine, Reinbek bei Hamburg 1981, 139–152, hier 150


Auszüge aus
Luise Schramm: Von Montgomery nach Gorleben. Deutscher Protestantismus und ziviler Ungehorsam am Beispiel der Anti-AKW Bewegung.
In: Michael Haspel/Peter Reif-Spirek (Hg.): „Hier stehe ich und kann nicht anders!“ Martin Luther, Martin Luther King und die Musik. Leipzig 2017, 85-113.

Dieser Aufsatz enthält Abschnitte der Dissertation der Autorin: Evangelische Kirche und Anti-AKW-Bewegung. Das Beispiel der Hamburger Initiative kirchlicher Mitarbeiter und Gewaltfreie Aktion im Konflikt um das AKW Brokdorf (AKiZ B 70). Göttingen 2018

Vorwort zur Dissertation
https://www.vr-elibrary.de/doi/pdf/10.13109/9783666557927.9

Siehe auch den Vortrag
Kirchliche Anti-AKW-Bewegung zwischen Militanz und Gewaltfreiheit